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Geheimtipp: Im Deutschen entspricht der Versakzent dem Wortakzent. Ein Wort in einem
Gedicht wird also genauso betont wie in der normalen Standardsprache.
Das Bestimmen der Betonungen nennt man Skandieren. Dabei werden die Wörter „leiernd“
gesprochen, in ihre einzelnen Silben zerlegt. Warum einige anfangen, in die Hände zu
klatschen, bleibt fragwürdig. Aber wenn’s hilft… Vermutlich um die Anzahl der Silben zu
ermitteln.
Jede Silbe wird durch ein x dargestellt, die Betonung ergibt den Akzent darauf.
Hinweis: Aus typographischen Gründen werden hier betonte Silben durch ein
großgeschriebenes und fettgedrucktes X markiert.
Vier verschiedene Versfüße
In der deutschen Lyrik unterscheidet man vier verschiedene Versfüße:
Jambus: x X (unbetont – betont)
Beispiel: x X x X x X x
Es war als hätt’ der Himmel
x X x X x X
Die Erde still geküßt
(Eichendorff, „Mondnacht“, 1837)
Trochäus: X x (betont – unbetont)
Beispiel: Freude schöner Götterfunken
X x X x X x X x
Töchter aus Elysium
X x X x X x X
(Schiller, „An die Freude“, 1785; vertont von Beethoven)
Daktylus: X x x (betont – unbetont – unbetont)
Beispiel: Ännchen von Tharau ist’s, die mir gefällt
X x x X x x X x x X
(Verfasser unbekannt)
Anapäst: x x X (unbetont – unbetont – betont)
Beispiel: Wie mein Glück, ist mein Lied
x x X x x X
(Friedrich Hölderlin, „Die Kürze“, 1798)
Wirkung?
Vor Pauschalaussagen zu einer möglichen Wirkung eines bestimmten Metrums
kann man nur warnen. Nicht alle jambischen Verse sind fröhlich und nicht alle trochäischen
festlich. Wie immer müssen die formalen Elemente im Kontext des Gedichts betrachtet
werden.
Sinnakzent
Es gibt auch einen sogenannten Sinnakzent, wenn also der Inhalt der Aussage eine
Betonung des Wortes erfordert.
Bei derartigen Abweichungen nicht versuchen, das ansonsten zugrunde liegende Metrum aufzugeben, sondern einfach die Auffälligkeiten sauber beschreiben, da diese, wie immer in solchen Fällen, eine Betonung des Inhalts darstellen.
Die Sache mit der Katalexe
ie Verkürzung oder Verlängerung eines Versfußes am Versende um eine
unbetonte Silbe bezeichnet man als katalektisch bzw. hyperkatalektisch.
Einige Lehrer schmeißen gerne mit solch hochtrabenden Ausdrücken um sich. Es sind jedoch Begriffe, die
ihren Platz im Grundstudium Germanistik haben.
Für eine sehr gute Schulnote ist es absolut angemessen, den zugrundeliegenden Versfuß und
die Anzahl der Hebungen zu benennen, wie etwa in „Mondnacht“, dreihebiger Jambus.
Für Mehrwisser
In antiken Versen entsteht der Rhythmus durch die regelmäßige Abfolge von
langen und kurzen Silben.
Bei der Analyse wird die Sprechdauer der einzelnen Silben
gemessen.
Daher der Begriff Metrik, „Messkunst“.
Hilfe!
Da gibt es aber kein Versmaß! Alles geht kreuz und quer!
Wenn Verse kein einheitliches Metrum und keine Reime aufweisen, aber dennoch rhythmisch
wirken, dann spricht man von freien Rhythmen.
Was gibt es nun noch zu sagen über die Struktur der Verse?